Sobald wir auf der Welt sind, lernen wir. Durch unsere eigenen Erfahrungen, aber auch durch unser Umfeld und später gezielt in der Schule, in der Ausbildung oder im Studium. Unser Wissenshorizont erweitert sich stetig, während man uns primär beibringt, wie man Probleme in der Theorie löst. In meinen Augen bringt uns diese theoretische Herangehensweise in einer Welt, die sich so schnell verändert wie nie zuvor, jedoch nicht wirklich weit. Wieso deshalb gerade wir als Unternehmer einen Bildungsauftrag haben und wieso wir unser Wissen öfter teilen sollten, möchte ich in diesem Artikel näher erläutern.
Direkt vorweg: Das hier wird kein Uni-Bashing, denn in meiner Brust schlagen zwei Herzen. Vor genau zehn Jahren habe ich mein BWL-Studium beendet und wollte damals sogar promovieren. Die Weichen waren gestellt, einen Doktorvater hatte ich ebenfalls gefunden, bis ich eines Abends ins Gespräch mit meinem Freund Alexander Graf kam, der mich fragte: “Möchtest du drei Jahre lang über ein Thema theoretisch forschen oder es aktiv mitgestalten?”
"Ich bin fest davon überzeugt, dass das Teilen von Wissen ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines jeden Unternehmers ist."
- Stefan Luther
Unternehmer statt Doktortitel
Ich entschied mich damals gegen den Doktortitel und für das Unternehmertum, da ich mehr praktische Erfahrung sammeln und vor allem in der freien Marktwirtschaft lernen wollte, statt wie gewohnt nur aus Büchern oder veröffentlichten Studien. Es folgte die Gründung zweier Agenturen und mittlerweile bin ich seit 2018 Co-Founder der Digital-Beratung Etribes, in der wir extrem unternehmerisch agieren.
Dank meiner Entscheidung von damals kann ich mittlerweile auf zehn Jahre berufliche Erfahrung und einen enormen Fundus an Learnings zurückgreifen, die ich in der Uni nie hätte machen können. Zum einen inhaltlicher Natur wie die Organisation von Digitalprojekten, agile Entwicklungsmethoden und E-Commerce-Strategien. Zum anderen aber auch die für mich noch wichtigeren Themen wie: Purpose-driven Leadership, strategischer Aufbau von Unternehmen, Hands-on-Mentalität und das Definieren von unternehmerischen Zielen.
Wissen teilen, um die Digitalisierung zu meistern
Dieses Wissen möchte ich in Zeiten der Digitalisierung nicht für mich behalten, sondern es teilen. Das war vor fünf Jahren noch nicht unbedingt gängige Praxis, da hatte noch Jeder Angst, dass die eigene bahnbrechende Idee sofort kopiert wird.
Doch ich bin fest davon überzeugt, dass das Teilen von Wissen ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines jeden Unternehmers ist, denn die Geschwindigkeit im Hinblick auf Innovationen ist so hoch, dass ich eine Idee schnellstmöglich aussprechen, bearbeiten und ausführen muss, wenn ich die größtmöglichen Erfolgschancen haben möchte. Notwendiges Feedback erhält man jedoch nur selten im stillen Kämmerlein. Deshalb teile ich meine Ideen und mein Wissen auf der einen Seite innerhalb meines Unternehmens und challenge auch Partner und Kollegen, mit mir über neue Ideen und Projekte zu diskutieren.
Warum ich samstags in der Universität unterrichte
Auf der anderen Seite bin ich als Dozent für E-Commerce an der Leuphana Universität tätig, an der ich selbst studiert habe. Auch wenn die Seminartage samstags in aller Frühe stattfinden und ich das Wochenende auch gern mit meiner Familie verbringe – sobald ich vor meinen Studenten stehe, bin ich motiviert. Denn ich kann hier als Unternehmer einen Unterschied machen, was die Wissensvermittlung angeht.
Ein Lehrbuch konserviert Gedanken und Erfahrungen, die im Angesicht der Digitalisierung morgen schon überholt sind. Anders ist die direkte Weitergabe von Praxiswissen direkt „von der Werkbank weg“. Ich kann dabei all meine Expertise einbringen und die Studenten können das bereits erworbene theoretisches Wissen direkt mit der unternehmerischen Praxis abgleichen. Wenn ich etwa sehe, dass meine Studenten beispielsweise zu Beginn des Seminars Freenow nur als einfache Taxi-App verstehen, wir am Ende aber über die wirtschaftlichen Potenziale und die Disruption der kompletten Mobilitätsbranche sprechen, dann motiviert mich das ungemein.
Zudem hat es für mich auch den Vorteil, dass ich direkt bei den Studenten Talente scouten, ihnen mögliche Berufsprofile vorstellen und – wenn alles passt – auch für mein Unternehmen gewinnen kann. Eine Win-Win-Situation.
Den Bildungsauftrag durch Eigeninitiative wahrnehmen
Meine Erfahrungen als Dozent zeigen mir auch, dass wir als Unternehmer nicht nur dem Staat und der Politik das Thema Bildung überlassen sollten, sondern es aktiv mitgestalten müssen, wenn wir Deutschland in Sachen Digitalisierung nach vorne bringen möchten. Als Unternehmer kann ich das durch Tools wie einen eigenen Podcast, YouTube-Videos oder Linkedin-Artikel selbst in die Hand nehmen. Wer Interesse an einer Dozenten-Tätigkeit hat, dem empfehle ich, den entsprechenden Institutsleiter zu googlen und ihn via Mail, LinkedIn oder Xing zu kontaktieren.
Egal ob am Ende durch eigenen Content, Ausbildungsplätze, Dozententätigkeiten oder Fachvorträge: Wir müssen unser Wissen weitergeben, um voneinander zu lernen. Denn nur so schaffen wir es, dass wir in einer sich so schnell verändernden Welt nicht selber abgehängt werden.

Stefan Luther
Stefan Luther, 37, ist Co-Founder und Geschäftsführer der Digitalberatung Etribes aus Hamburg. Seine Expertise und sein Fokus liegen auf der Entwicklung von kundenorientierten Services für Marken im digitalen Handel.
16. November 2019OperationsCRM,CRM-System,ROI,Wettbewerbsvorteil
Wettbewerbsvorteil durch gutes CRM
Sven Soltau, Etribes Expert Partner, im…
14. November 2019UX,OperationsCustomer Experience,Kundenfeedback,CX
Kundenfeedback wird oft unterschätzt
Andreas Kretschmer, VP European…
20. November 2019OperationsProzesse,Agilität,Digitalisierung
Agilität an sich ist nicht alles
Benjamin Ludigs, Geschäftsführer von…